Verdämmt nochmal!

Auf die Ableitungen zum U-Wert und der Kostenfunktionen im vorherigen Beitrag, kommt hier nun der empirische Teil der Analyse.

Temperatur logging

Ich habe die Temperatur an 3 Stellen gemessen:

  • Draußen vor der Wand in 50cm Höhe (blau)
  • Drinnen hinter der Isolierung (gelb/grün)
  • Im Raum (rot)

Geheizt habe ich wie letztes Jahr mit einer Klimaanlage SCOP=4,7 für EU-average Region (vgl. vorherigen Beitrag). Wie letztes Jahr schon vermutet, dürfte der reale SCOP besser sein, weil mein Standort Langenfeld in der Rheinebene kaum harte Winter kennt. So ist es auch dieses Jahr: der Winter mit Frost und Schnee hat sich bisher nicht eingestellt. Das zeigt sich auch in der Laufkleidung: ich laufe in kurzer Hose und brauche nur selten Handschuhe. Wenn doch, dann nehme ich meine kurzen Radhandschuhe.

Die Klimaanlage habe ich wie in der letzten Heizperiode 22/23 betrieben d.h. Nachtabschaltung und Zieltemperatur 19°C.

Hinsichtlich Isolierung habe ich zunächst angefangen, die Innenseite meiner Außenwand mit Aluluftpolsterfolie auszukleiden d.h. Folie gekauft und mit dünnen Nägel die Folie an die Wand geschlagen. Den Temperatureffekt sieht man an der gelben Linie. Dadurch gehen die Temperaturschwankungen deutlich zurück. Diese Reduktion kann man – sozusagen invers – in einen Dämmstoff umrechnen. Ich komme hier auf (d=0,0078m,λ=0,025) und einen Wärmewiderstand R=0,312. Meine ungedämmte Außenwand hat R=0,925 und U=1,082. Mit dieser Dämmung komme ich auf R=1,237 und U=0,809. Für diese geringen Kosten (1,84 €/qm) dürfte das rentabel sein.

Am 6.12.23 sind dann die lang ersehnten alukaschierten 4cm PUR-Dämmplatten (λ=0,0230) eingetroffen. Diese habe ich dann ebenfalls an die Wand geschlagen und mit der Aluluftpolsterfolie als Dampfbremse abgedeckt. Damit ist nun R =1,739 und U=0,336 , also eine substanzielle Reduktion des U-Werts um den Faktor von ca. 3. Wenn ich diese PUR+Alu Dämmung in die U-Wertberechnung für den gesamten Heizraum einsetze, komme ich zu einer Reduktion des Heizbedarfs von ca. 13% da die Außenwand eben nur einen Teil des Wärmeverlusts ausmacht. Ich habe aber noch andere Teile des Raums mit 4cm Neopor gedämmt, so dass sich „U-Wert technisch“ bei einer mittleren Temperaturdifferenz von 13°C eine Heizreduktion von 50,6% ergibt. Bisher betrug die mittlere Temperaturdifferenz – vgl. Grafik oben – allerdings nur Innen-Außen =11,6°C.

Diese U-Wert Rechnung zur Dämmung kann man auch mit den hier gemessenen Temperaturen prüfen. Dazu nehme ich die Temperaturdifferenz zwischen Innen-Außen und multipliziere sie mit dem U-Wert der ungedämmten Wand. In Summe führt das auf 5,44kWh/qm im Zeitraum der PUR+Alu Dämmung. Demgegenüber stelle ich nun die Temperaturdifferenz Isolierung-Außen ebenfalls multipliziert mit dem U-Wert der ungedämmten Wand, was sich zu 1,30 kWh/qm summiert. Der Reduktionsfaktor  ist dann r=4,185 was einer Dämmung mit 67,84mm und λ=0,023 PUR entspricht. Das passt in etwa zur realen Dämmung 40mm PUR + Aluluftpolsterfolie. Hätte ich meine Außenwand gemäß KfW 55 auf U=0,2 gedämmt, so wäre der Verlust mit 1,01 kWh/qm noch geringer. Die Überlegungen zur Kostenfunktion der Dämmung lassen aber diese weiteren 0,3kWh/qm nicht rentabel erscheinen.

An der Grafik oben erkennt man, dass die PUR-Dämmung auch deutlich an der Wand wirkt. Die Temperaturschwankungen und Differenzen übertragen sich nur noch sehr „gedämpft“ auf die Wand, was eine sogenannte thermische Entkopplung zeigt, mit allen damit verbundenen Problemen. Die Temperatur hinter der Isolierung pendelt nur noch im Bereich +-1,5°C um den Mittelwert von ca. 11,5°C.

Thermische Entkopplung

Die gemessenen Temperaturdaten von oben habe ich nun noch mal als Differenz gegeneinander geplottet.

Durch die Aluluftpolster-Isolierung (gelb) überträgt sich die Temperaturdifferenz nur noch zu 73% auf die Wand. Bei der PUR-Dämmung (grün) wird es noch weniger und die statistische Signifikanz der Beziehung zwischen den Temperaturdifferenzen nimmt ab. Das wäre auch nach dem Konzept „thermische Entkopplung“ zu erwarten. Bei sehr starker Dämmung dürfte es kaum noch einen Zusammenhang geben. Bis auf eher zufällige Effekte, wie den, dass mein Heizverhalten (Nachtabschaltung) mit dem Sonnenstand korreliert ist, sollte es keinen Zusammenhang mehr geben.

Die U-Wertgleichung zum Energieverlust geht ja eigentlich von einem statischen Gleichgewicht aus. Das ist hier aus 2 Gründen nicht gegeben, da Außen- und Innentemperatur deutlich schwanken.

Ich hätte hier die Befürchtung – das muss man eigentlich modellmäßig klären – das zu den Energieverlusten aus dieser statischen U-Berechnung noch ein Verlust für das Aufwärmen/Abkühlen der mächtigen Außenwand auftritt. Die Innenisolierung hätte unter dieser Annahme den Vorteil, dass ich nach der Nachtabschaltung morgens nicht wieder etliche Tonnen Vollziegel ( Spez. Wärmekapazität = 836 J/kg/K, Spez. Gewicht ρ=1.600 kg/m³ ) erwärmen muss. Bei einer Außenisolierung käme es nicht zu diesem Effekt. Aber wie gesagt, diese Hypothese müsste man empirisch prüfen.

Heizenergie

Zu den Temperaturmessungen habe ich mir die täglichen Energieverbräuche (kWh Strom/Tag) der Klimaanlage notiert und im Folgenden grafisch dargestellt.

Die grünen Punkte stellen die Messwerte mit PUR -Isolierung da. Demgegenüber stehen die Messwerte aus der Heizperiode 22/23 ohne PUR-Isolierung (blaue Punkte) aber für den gleichen Raum und das gleiche Gerät und gleiches Heizverhalten (19°C, Nachtabschaltung). Nun könnten man jetzt aus Sicht des „Dämmungsbefürworter“ bedauern:

Verdämmt nochmal, der Winter kommt nicht!

Aus statistischer Sicht würde man sagen: Verdämmt nochmal, die Temperaturvarianz fehlt. Deshalb begrenze ich mich hier auf Mittelwert-Vergleiche (grüner Balken). Dazu habe ich für jeden aktuellen Messwert (grün) die Prognose nach dem linearen Modell für die Heizperiode 22/23 berechnet und über alle Werte den Mittelwert gebildet. Demnach hätte ich nach Regression 22/23 einen mittleren Verbrauch von 5,36 kWh/d gehabt. Ich habe aber nur 4,10 kWh/d was einer Einsparung von 1,25 kWh/d oder 23% entspricht. Bei 0,4 €/kWh entspricht das einer täglichen Einsparung von fifty cent /Tag. Das man sich davon nicht viel kaufen kann, liegt auf der Hand. Nach U-Wert Gleichung hätte ich mit einer Einsparung von 51% gerechnet, also mehr als das Doppelte.

Verdämmt nochmal, nur 50ct!

Diese Überschätzung der Dämmwirkung könnte auch auf die bis hierhin nicht betrachtete Lüftung zurückgehen. Diese führt ja ebenfalls zu einem „Sockel“-Energieverlust der die relative Einsparung mindert. Wieviel das ausmacht – ich habe im www als Faustzahl 12%-20% Energieverlust gefunden – müsste man im Weiteren prüfen.

Nun muss dies geringe Einpsparung nicht das letzte Wort sein. Wenn man sich die aktuellen Werte (grün) anschaut, sieht man bisher keinen Temperaturtrend im Energieverbrauch d.h. die kWh/d und die Außentemperatur scheinen gut entkoppelt zu sein. Es besteht deshalb die Hoffnung – diese stirbt bekanntlich zuletzt – das mit kälteren Tagen der Energieverbrauch nicht ganz so rapide ansteigt wie in der ungedämmten Variante „Heizperiode 22/23“. Von dieser Hoffnung kann ich mir aber nichts kaufen, und bleibe derzeit auf den Dämmkosten sitzen. Diese halten sich aber Aufgrund der Eigenleistung in Grenzen, vgl. vorherigen Beitrag. Zwar würden bei strengem Winter der Vorteile der Dämmung deutlicher sichtbar, dennoch dürfte die Effizienz der Wärmepumpe darunter deutlich leiden und in Summe kWh(Wärmepumpe+Dämmung)/dT <0 sein. Aus Gesamtsicht sind natürlich milde Winter besser für die Kosten.

Dieses Jahr bin ich in meinem Haushalt mit ca. 1000 kWh/a Ökostrom. Das beinhaltet den normalen Haushalt, das Homeoffice und die Heizung. Mit der angebrachten Dämmung könnte sich das noch etwas verringern.