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Bewegungsarmut, Energiekrise & Energiesparen

Bewegungsarmut, Energiekrise & Energiesparen

Zwischen Bewegung und Energie gibt es nicht nur physikalische Zusammenhänge sondern auch mikro- und makroökonomische Beziehungen.

 

Jeder von uns nähert sich dem Energiesparen auf individuelle Weise. Wenn man das von dem „physischen Ich“ aus betrachtet gewinnen wir die Energie über Oxidation von Kohlenwasserstoffen in der Atmung. Dabei wird uns warm. Wer wenig atmet, spart Energie, lagert sie in das ventrale Energielager ein und  kühlt aus,  so einfach ist das. Jedem Läufer ist dieser Zusammenhang aus eigener Erfahrung bekannt.

Der Energieverbrauch gliedert sich in Grundumsatz und Leistungsumsatz. Ersteres wird maßgeblich vom Energieumsatz zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur (Thermogenese) bestimmt. Letzteres ist i.d.R. eine bewusste Handlung – d.h. setzt unseren Willen voraus – und fällt insbesondere beim Ausdauersport groß aus. Dabei wird für die physische Leistung, aber nur ca. 10%-30% benötigt, der Rest geht in Wärme über. Auch diese Relation kann jeder Läufer im Sommerlauf bei über 20°C Außentemperatur bestätigen: wir schwitzen zur Kühlung. Jedwede Isolierung, ob durch Kleidung oder körpereigenes Fett ist hier von Nachteil.

Ein geringer körpereigener Energieumsatz ist also mit einer geringen Wärmeproduktion assoziiert. Wer sich kaum bewegt, führt sich deshalb die Energie gerne anders zu. Im Winter kommt die Energie aus der Heizung. Es gibt demnach eine substitutive Beziehung zwischen eigener Wärmeproduktion und Wärmebedarf aus anderen Quellen. Dieser Zusammenhang zwischen Bewegung und Wärme schlägt sich in der „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (kurz EnSikuMaV) des Wirtschaftsministeriums (Minister Habeck) nieder. Dort heißt es:

§ 6 Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen in öffentlichen Nichtwohngebäuden

(1) Im Arbeitsraum in einem öffentlichen Nichtwohngebäude darf die Lufttemperatur höchstens auf die folgenden Höchstwerte geheizt werden:

  1. für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19 Grad Celsius,
  2. für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18 Grad Celsius,
  3. für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18 Grad Celsius,
  4. für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16 Grad Celsius oder
  5. für körperlich schwere Tätigkeit 12 Grad Celsius

Je geringer die Bewegung, desto mehr Heizenergie wird zugestanden. Die Gesetzgebung selber ist vermutlich als leichte sitzende Tätigkeit einzuordnen. In Sporthallen kommt es hingegen zu „schwerer Tätigkeit“. Sie sind deshalb nur mäßig geheizt und das Warmwasser ist stillgelegt. Wir machen uns vor dem Bodenturnen mit Laufen warm.

Am 13. Dezember 2022 fand der Bewegungsgipfel mit Prof. Dr. Karl Lauterbach (Gesundheitsminister) und Nancy Faeser (Innenministerin) in Berlin statt. Hier wurde vieles besprochen und gefordert, natürlich auch der präventive Schutz unserer Gesundheit durch Sport betont, aber nicht der offensichtliche Zusammenhang zwischen Energiekrise und Bewegung (Thermogenese, EnSikuMaV) thematisiert, zumal ersteres mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine am 24.2.2022 die Medien beherrscht.

Mit sportlichen Aktivitäten hat man definitiv Einfluß auf den Heizrenergiebedarf, aber auf 0,0 kWh lässt er sich natürlich nicht reduzieren. Angeregt durch den youtube’er Andreas Schmitz aus dem PV-Bereich habe ich mich für den Einbau einer split-Klimaanlage mit SCOP = 4,8 entschieden mit der ich derzeit heize.

Schematisch ist das oben in der Grafik dargestellt. Das Außengerät entzieht der Außenluft Wärme, „verdichtet“ sie mit einem Kompressor, gibt die Wärme über einen Ventilator im Innengerät an den Raum ab, der sie letztlich überwiegend über die wärmeleitenden Wände wieder nach Außen abgibt, womit sich der Kreislauf schließt. Die Aufrechterhaltung dieses Ungleichgewichts kostet Energie. Ein Maß für die Effizienz der Klimaanlage ist der Seasonal Coefficient Of Performance, kurz SCOP, der bei meiner Anlage laut Hersteller bei 4,8 liegt, d.h. 1 kWh Strom soll zu 4,8 kWh Wärme führen. Neben der Effizienz der Klimaanlage ist für die Effizienz des Heizprozess natürlich die Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität des Wandmaterials (lambda, blauer Pfeil abwärts in der Wand) sowie der U-Wert der Mauer maßgeblich, den man mit Dämmung/Isolierung verändern kann.

Die Grafik zeigt Strombedarf (W) als auch Innen-, Flur- und Außentemperatur. Der beheizte Raum ist der einzige im Gebäude d.h. hat keine Berührung zu einer anderen Wärmquelle!

Die Anlage habe ich auf eine Solltemperatur von 19°C (Habeck, EnSikuMaV) eingestellt. Erwartungsgemäß kann man hier schon eine negative Korrelation zwischen Außentemperatur und Energiebedarf erkennen. Ferner fällt die morgendliche Spitzenlast beim anheizen des Raums auf.

Da ich bei den Frosttagen befürchtete, dass mir die alte Gasheizung „kaputt friert“ habe ich den Brenner auf Programm Frostsicherung angestellt, aber die Heizkörperventile auf „*“/geschlossen gestellt. Alleine dieser Frostsicherung hat mich dann im extrem Fall 80kWh/Tag gekostet.

Man sieht am Verlauf der Flurtemperatur, dass dennoch Wärme abgegeben wurde. Das kann teilweise auch auf Luftaustausch mit dem beheizten Raum zurückgehen, weil ich die Innentür offen gelassen hatte.

Die Grafik oben stellt den selben Sachverhalt auf Tagesebene da. Vom 25.11.22 bis zum Jahresende habe ich einen täglichen Heizbedarf von ca. 6kWh/Tag (gepunktete Linie). Die Varianz ist aber mit ca. 50% erheblich und die kalten Tage < 0°C kosten richtig Strom. Ferner deutet sich ein timelag in der Beziehung Außentemperatur zur Heizleistung an, dass ich noch prüfen muss, welches auch plausibel wäre, da die Mauer erheblich Energie speichert und möglicherweise verzögert abgibt.

Stellt man den Energiebedarf in Wh/Tag in Abhängigkeit der mittleren Außentagestemperatur da, kommt man zu folgender Beziehung.

Wie zu vermuten ergibt sich hier ein fallender Verlauf d.h. je höher die Außentemperatur, desto niedriger der Heizbedarf. Mit dem gefundenen Polynom ist man in der Lage, auch für andere Temperaturverläufe den Energiebedarf abzuschätzen. Für 0°C werden ca 8,2 kWh/Tag geschätzt, was plausibel erscheint. Man sieht aber auch, dass die sehr kalten Tage (-5°C) fast doppelt soviel Energie erfordern wie der Durchschnitt.

Für jeden Heiztag habe ich eine linear-limitationale Beziehung geschätzt, hier beispielhaft für die Tage 25.11. und 13.12.

In der Grafik oben erkennt man mehrere Zusammenhänge. Der Energieinput fällt nach Inbetriebnahme und nähert sich mit der Zeit einem Gleichgewichtspunkt, ab dem sich weder Temperatur noch Heizleistung ändern. Ich interpretiere das so, dass Energieverlust und Energiebedarf im Gleichgewicht sind. Dieses Gleichgewicht fällt in den Tagen deutlich unterschiedlich aus.

Am 13.12.22 wurden in Summe 9,36 kWh Heizenergie benötigt. Ab 15:00 stabilisiert sich die Leistung bei 500,5 W. Das ist der Median über die Werte ab 13:00. Hätte man mit diesen 500 W den ganzen Tag geheizt, so ergäben sich 12kWh/Tag. Das Abschalten übernacht hat demnach 2,6 kWh = 28% Heizenergie gespart. Über alle Heiztage im Herbst 2022 komme ich auf eine Ersparnis von 2,76 kWh/Tag. Für diesen Zeitraum ergibt sich eine mittlere Energieersparnis von 47% gegenüber Vollzeitbetrieb. Mit einer heizkörper- und wassergebundenen Heizung lässt sich das vermutlich nicht in dem Umfang realisieren, weil das System viel „träger“ ist. Ich würde vermuten, dass eine Innenisolierung – das Mauerwerk wird weniger erwärmt – diesen Effekt noch verstärken wird.

Die Beziehungen zwischen diesen täglichen Energiegleichgewichten und der Temperaturdifferenz Innen-Außen sind im Folgenden dargestellt.

Die homogene Regression zeigt eine Steigung von 29,22 W/d T, wobei d T der Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außentemperatur in °C ist.

Der beheizte Raum hat eine Oberfläche von 115 qm (davon 2,75 qm Glas) , so dass man auf einen mittleren U-Wert von 0,2541 W/dT/qm kommt. Für einen Altbau Baujahr 1914 mit 44cm Vollziegelaußenwand ohne „Kernsanierung“ aber mit Doppelverglasung von 1999 ist das schon OK.

Nach DIN 4713 entfällt auf einen Tag im Nov. /Dez. ca. 5,16 Promille der gesamten Jahresheizlast. Der beheizte Raum hat eine Grundfläche von ca. 26 qm so dass man auf eine Heizlast von 44,90 kWh/qm/Jahr kommt. Auch das ist für einen Altbau schon ganz gut.

In Summe kann ich so meinen Energiebezug an Erdgas und Strom 2022 mehr als halbieren. Das von Minister Habeck und der Bundesnetzagentur ausgegebene Sparziel von 20% Erdgasreduktion habe ich weit übertroffen. Das ist neben den hier dargestellten Ansätzen auch mit einem Komfortverlust verbunden gewesen. Dem gegenüber stehen die nicht unerheblichen Kosten für die Anlagen, die sich hoffentlich bei den hohen Energiepreisen schnell amortisieren. Mein Warenkorb – Stichwort Inflation 10,4% Okt. 2022 – besteht jetzt mehr aus „Investitionsgüter“ als aus „Energie“ die durch den Schornstein rauscht.