Dieser Imperativ von Heinrich Heine aus dem Jahr 1844 in „Deutschland. Ein Wintermärchen, Caput I“ trifft ziemlich gut das, was wir uns für das neue Jahr 2021 vorgenommen haben:
Offen bleibt die Frage, ob wir unsere Ziele erreichen. Ich würde vermuten, dass hier viele am Ziel „gesünder ernähren“ scheitern, einfach deshalb, weil es nicht exakt definiert ist. Die Entwicklungen auf den Märkten deuten auch nicht in diese Richtung. Letztes Jahr war „Delivery Hero“ der Top Performer im DAX30. Das RKI weiß zu berichten, dass wir in der covid19 Pandemie ganz ordentlich über die Verhältnisse gelebt haben. Dies war auch zu befürchten, wie ich und andere vermutet hatten vgl. Aprilscherz 2020.
Durch die covid19 Pandemie gestaltet sich der breiten Sport zunehmend schwieriger. Turnhallen und private „Fitnesshallen“ sind zunächst bis 10.1.2021 im lock down geschlossen. Man muss sich also selber antreiben, und dass fällt vielen schwer. Insbesondere dann, wenn’s draußen kalt, glatt, nass und dunkel ist. Es gibt hier also auch beim Ziel Sport wenig Anlass für Optimismus.
Aber nun wieder zurück zu Heinrich Heine, geboren in der Düsseldorfer Altstadt Bolkerstraße, und vermutlich der bekannteste Dichter aus Düsseldorf. Am 3.11.1811 erlebt Heine Napoleons Einzug in Düsseldorf:
„Ein Lächeln, das jedes Herz erwärmte und beruhigte, schwebte um die Lippen – und doch wußte man, diese Lippen brauchten nur zu pfeifen – et la Prusse n’existait plus -, diese Lippen brauchten nur zu pfeifen – und die ganze Klerisei hatte ausgeklingelt -, diese Lippen brauchten nur zu pfeifen – und das ganze Heilige Römische Reich tanzte.“
Hier kommt eine kritische Einstellung zu Klerus und Adel zum Ausdruck, die schon in den Vorjahren zur französischen Revolution auf Flugblättern thematisiert wurde:
Hier muss der dritte Stand, die Bauern, Klerus und Adel durchfüttern. Und vermutlich zielt Heines Vers
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch, was fleißige Hände erwarben.
in „Deutschland ein Wintermärchen“ genau darauf ab. Es darf gefragt werden, wen die Landwirtschaft in unserer Zeit durchfüttern muss und ob dies ähnlich kritisch zu sehen ist wie zu Heines Zeiten.
Dazu wollen wir uns den Begriffen
- Schlemmen
- Faulenzen
- Bauch
- fleißige Hände
aus dem Heine Zitat zuwenden und aktuelle Bezüge ermitteln.
Zunächst zu den fleißigen Händen: die sind auch 180 Jahre nach Heines Werk erforderlich:
Ob auf dem Gurkenflieger vor unserer Haustür oder bei der Kakaoernte in fernen Kontinenten: vieles erfordert in der Landwirtschaft noch immer die fleißigen Hände. Und nicht nur das: die meisten von uns dürften dieser Dauerbelastung (Rücken!) nicht mehr gewachsen sein. Der Skandal bei Deutschlands größtem Schlachthaus Betreiber hat auch noch mal ein Licht auf die fleißigen Hände beim Thema Fleisch geworfen.
Wofür die ganze Mühe? Wenn hier die Antwort „für einen faulen Bauch“ lautet, ist auch heute noch die Sinnhaftigkeit ernstlich in Frage gestellt. Einerseits aus einer moralischen Perspektive – da möge sich jeder selbst fragen – andererseits aber zunehmend auch aus physiologischer und ökologischer Sicht. Hier werden Nahrungsmittel produziert und diese sollen nicht krank machen noch unsere Umwelt ruinieren, vgl. Hoimar von Ditfurth.
Kommen wir zum Bauch umgangssprachlich auch Plautze genannt.
Wie eingangs erwähnt haben wir im covid19 Jahr 2020 ordentlich zugelegt, vermutlich überwiegend am Bauch, vgl. auch Body Shape Index. Gegenüber dem Vorjahr stieg der BMI laut RKI von 25,9 auf 26,4 kg/m^2 mit einem Zuwachs von 1kg/Jahr. Wir können nur hoffen, dass sich dieser Trend nicht so fortsetzt, denn dann wären auch die Überlebenden der covid19 Pandemie in 10 Jahren äußerst krank! Bezahlen müssen wir das alle über Beiträge oder Prämien zur gesetzlichen oder privaten Krankenkasse (PKV +8,1%). Deshalb an alle der Appell, die guten Vorsätze für 2021 auch umzusetzen. Das ist nicht nur im individuellen sondern auch im kollektiven Interesse.
Das Faulenzen
Zunächst müssen wir dies klar definieren, um dem Vorwurf „faul sind immer die anderen und nie man selbst“ zu entgehen. Ich schlage hier eine physiologische Definition vor. Faulheit ist gleichbedeutend mit einer geringen Leistungsabgabe gemessen Watt = J/s. Damit ist auch klar, dass Faulheit wie Schlaf zum Leben gehört und somit nötig ist. Die quantitative Frage ist, wie viel Leistung sollte es sein? Wie viele kWh pro Tag sollten wir abgeben? Und, woran erkenne ich die Leistungsabgabe, wenn ich sie nicht im Labor messen kann?
Zunächst kann man anstreben, Energieaufnahme und -abgabe im Gleichgewicht zu halten. Das erkennen wir auf der Waage. Manche empfehlen 20 Minuten Sport am Tag, aber das hängt natürlich mit der Bewegung im Job/Arbeit zusammen (Bürotätigkeit). Manche Läufer richten ihre Trainingsintensität am Puls aus, als Proxi-Variable für die Leistung – und dazu gab es folgende Diskussion:
Wer sich nie fordert, sozusagen die Leistung nicht abgibt und faulenzt, wird auch nicht in den Genuss eines niedrigen und ruhigen Puls gemessen in Herzschläge/Tag kommen. Wir sollten hin und wieder also mit Vollgas laufen, wohl wissend, dass nicht jeder Tag ein Wettkampftag ist.
Woran erkennt man die Leistung beim Laufen? Für uns Freizeitläufer (> 1km) kann der Stoffwechsel die erforderliche Energie nur über den aeroben Stoffwechsel zur Verfügung stellen. Wir merken es an Atmungs- und Herzfrequenz. Erstrebenswert ist hier, aus einem breiten Intervall wählen zu können. Ein Faulenzer kann dies in der Regel nicht. Er will es zudem auch häufig nicht und hält die Atmung flach (kriegt schlecht Luft) sowie den Puls niedrig. Da dies kaum mit Laufen – das ist die Bewegung mit Flugphase – vereinbar ist, lässt er das Laufen auch direkt bleiben und joggt/geht lieber.
Beim Radsport ist es hingegen einfacher: Such Dir die nächste Rampe am Berg und „prügel“ sie hoch. Keine Angst, auch wenn Du als Amateur noch so in die Pedale trittst, sie brechen nicht. So eine Ausrede ist mir mal von einem „besorgten“ Radfahrer (<250W Leistung) genannt worden. Also nicht die Schuld bei anderen oder dem Material suchen, sondern die Kraft aus seinem Inneren schöpfen, dem Bauch, auch wenn es Schweiß kostet, Du keine Luft mehr zu kriegen scheinst und das Herz bis zum Hals schlägt.
Verschlemmen
Heine hat diesen Begriff vor dem Hintergrund „Klerus/Adel/3.Stand“ sicherlich mit bedacht gewählt. Es haftet etwas „unnützes“ und „verschwenderisches“ an ihm. In der Tat, das Schlemmen ist das Urbeispiel (geht evolutorisch bis ins Tierreich zurück) für egoistischen Konsum, weil es den Konsumausschluss zwangsläufig nach sich zieht. Das ist nicht bei allen Genüssen so. Wenn man eine schöne Landschaft oder ein schönes Bild erblickt, folgt daraus noch lange nicht der Ausschluss Dritter. Gleiches gilt für die Musik. Hier teilt man den Genuss ein und der selben Sache miteinander. Aber, wer will schon Sachen in den Mund nehmen, die zuvor von einer anderen Person genossen worden sind?
Genuss wird in wiki als positive Sinneswahrnehmung beschrieben, vgl. auch Wanting, Liking, Running. Im Fall von „Schlemmen“ ist die Sinneswahrnehmung der Geschmack. Schmecke ich nichts mehr, gibt es demnach auch kein Genuss, weil die Sinneswahrnehmung fehlt. Das kann laut Berichten, auch eine Folge einer covid19 Infektion sein. Das übliche Ende des Geschmack-Genuss ist aber in der Regel das Schlucken. Dies ist nicht Bestandteil des Genuss, weil weder Magen noch Darm ein Sinnesorgan sind. Jetzt werden sich manche Genießer fragen, warum sie denn so gerne Schlucken. Der Sommelier hingegen kennt den Unterschied genau: er genießt und prüft den Wein, spuckt ihn dann aber wieder aus.
Der Unterschied ist offensichtlich der Eigennutz oder das, was man bzw. das Gehirn – vgl. Wanting, Liking, Running – dafür hält.
Und genau diese Bereicherung gönnt Heinrich Heine nicht dem faulen Bauch, wohl aber den fleißigen Händen. Ein Implikation dessen ist das Gleichgewicht von Energieaufnahme und -abgabe. Dem können wir noch heute zustimmen und man sieht es an den guten Vorsätzen für das Jahr 2021.