Inelastischer Stoß beim Laufen
In der Physik unterscheiden wir zwischen elastischen und inelastischen Stößen (vgl. wiki Stoß).
Die Effekte der elastischen Stöße kann man schön mit Newton-Pendel (die n-Metallkugeln an dünnen Leinen aufgehängt) oder Billardkugeln studieren. Die kinetische Bewegungsenergie bleibt dabei im Idealfall erhalten. Bei Un- bzw. Inelastische Stößen geht kinetische Bewegungsenergie verloren und geht in Deformation und Reibungsenergie über (z.B. ein Mehlteigballen gegen das Backblech werfen). Reale Stöße sind häufig eine Mischung aus beiden Formen.
Was bedeutet das fürs Laufen?
Um sich die wirkenden Kräfte klar zu machen empfehle ich folgendes Experiment (nur leichte und geübte Läufer auf eigenes Risiko).
- Man stellt sich auf einen Bordstein (hier 16,5cm hoch),
- hält die Füße zusammen,
- springt mit beiden Füßen gleichzeitig mit gestrecktem Knie d.h. Hüfte, Knie und Knöchel auf einer Geraden ab
- und versucht mit beiden Füßen gleichzeitig auf den Fersen zu landen.
Schon in der Absprungposition wird einem dabei etwas „mulmig“. Soll ich wirklich auf den Fersen landen? Das ganze kommt einem widernatürlich vor. Man ist von Natur aus geneigt, auf dem Fußballen zu landen. Aber das wollen wir jetzt mal nicht. Schlägt man auf dem Boden auf, spürt man deutlich wie der Impuls durch alle Gelenke bis in Rücken und Kopf wirkt.
Wenn man sich die Fotos unten anschaut sieht man, dass sich die Schnürsenkel nach dem Aufprall nicht mehr nach oben bewegen. Das und die persönliche Wahrnehmung deuten darauf hin, dass es ein weitgehend unelastischer Stoß ist.
Die potentielle Lageenergie
ist zunächst in kinetische Energie
– hier ca. 2m/s = 7,2 km/h – und dann in Reibungsenergie umgewandelt worden. Man beachte, dass hier die Geschwindigkeit mit dem Quadrat eingeht.
Die Reibungsenergie ist nicht vollständig im „Stoßdämpfer“ Laufschuh geblieben sondern hat auch auf unsere Knochen und Gelenke gewirkt und da eventuell zur Beschädigung geführt. Einerseits brauchen wir diese Impulse als Stimulanz für den Knochenaufbau (Osteoporose Prävention) andererseits kann es sein, dass der Schaden zu groß ist und nicht mehr regeneriert werden kann.Je größer Fallhöhe und Gewicht des Läufers, desto stärker die Belastung durch den Aufprall.
Man kann das Experiment nun abwandeln, in dem man z.B.
- nur auf einer Ferse landet und nach der Landung nach vorne weiterspringt (sogenannte Abrollbewegung des Fuß)
- auf dem Ballen landet
Was ist Dein Eindruck?
- Welche Variante ist die natürlichste?
- Aus welcher Höhe fällst Du beim Laufen Richtung Erde?
- Mit welchem Fußteil landest Du?
Einfach mal experimentieren, per Handy Filmen, Screenshot machen und Beitrag oder Kommentar posten.
Laufen wird zutreffend auch mit kontrolliertem Fallen beschrieben. Wir Fallen auf unsere Füße. In der Tat besteht eine Fallübung darin, sich aus dem Stand langsam nach vorne fallen zu lassen und erst kurz vor dem Sturz in einen Schritt überzugehen. Das sollte man mal ausprobieren und dabei darauf achten, auf welches Fußteil man abschließend fällt.
Obwohl die Fußballen-Landung die natürlichere Variante ist, beobachtet man in der Laufpraxis häufig die Fersenlandung.
Woher kommt nun der Fersenlauf?
- Nach meiner Erfahrung und physikalischen Einschätzung liegt ein wesentlicher Bestimmungsgrund im Laufschema. Der Läufer versucht beim Fersenlauf weit vor dem Körperschwerpunkt mit dem Fuß aufzusetzen. Wenn man diese Weite nicht über den Kniehub oder den kräftigen Abdruck mit ausgeprägter Flugphase realisiert, setzt man fast zwangsläufig mit der Ferse auf.Das Bein ist dabei gestreckt. Wenn man hingegen „vorne kurzen Schritt, hinten langen Schritt“ (VokuHila) läuft vermeidet man die Fersenlandung. Der Fersenlauf ist häufig das kontradiktorische Gegenteil zu VokuHila.
- Ein weiterer Bestimmungsgrund liegt im Schuhwerk. Hohe Absätze – hier reicht schon eine Sprengung von >10mm – fördern die Fersenlandung. Jeder der mal den ganzen Tag in flachen Schuhen mit 0.0mm Sprengung unterwegs war wird dies bestätigen können.
- „Last but not Least“ kann man Beobachten, dass Fersenläufer häufig eine geringe Schrittfrequenz haben. Wer den Fuß weit vor der Körperschwerpunkt aufsetzt, muss in einem langen Weg den Körperschwerpunkt zum Fuß, über den Fuß bis leicht davor bringen. Dies kostet Zeit und führt häufig zu einer langsamen Schrittfrequenz. Da der Fuß dann auch eine lange Zeit auf dem Boden steht,ist häufig auch die Bodenkontakzeit lang.
Auch das kann man gerne selber empirisch überprüfen.
Der Fersenlauf führt aufgrund des gestreckten Beins häufig zu Problemen. Der Impuls beim Aufschlag wirkt in alle Gelenke bis zum Kopf des Läufers. Je schwerer der Läufer, je ungedämpfter das Schuhwerk und je länger der Lauf desto massiver sind die Probleme die häufig in den Gelenken des Beins (Knöchel, Knie, Hüfte) auftreten.
Dieser Zusammenhang führt dann zu einem circulus vitiosus. Der Läufer setzt weit vor dem Körperschwerpunkt auf, kassiert dafür den kräftigen Impuls in den Gelenken und ruft (oder der Arzt empfiehlt) nach mehr Dämpfung im Laufschuh. Dies hat eine höhere Schuhsprengung zur Folge, die wiederum den Fersenlauf weiter begünstigt.
Man kann sich leicht klar machen, wer die ökonomischen Gewinner dieses Teufelskreis sind.
Verlierer bleibt der Läufer, der mit einem VokuHila Laufstil wahrscheinlich besser beraten wäre, vgl. das Video unten.
Anmerkung 5.8.2019: Ich bekomme auf diesen Beitrag jede Menge Spam Kommentare und habe deshalb die Kommentarfunktion deaktiviert.