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Fastenzeit und Maß

Fastenzeit und Maß

Mit dem Ende der Karnevalsession am Aschermittwoch steht ein Regimewechsel an: die Fastenzeit – Tugend Mäßigung – mit einer Absage an das zuvor üppige Treiben, das zuweilen in Völlerei endete.

In der christlichen Anschauung gilt die Völlerei als eine der 7 Totsünden. Religionsübergreifend steht der Völlerei die Askese gegenüber und auch andere Religionen – wie der Islam – kennen Zeiten der Mäßigung (Ramadan).

Zu den Totsünden gibt es eine Statistik von Beichtgesprächen von Jesuit Roberto Busa der eine erklärende Variable, nämlich das Geschlecht, verwendet und dann die Rangplätze nach Häufigkeit bestimmt.

Hier fällt zunächst auf, dass Völlerei und Habgier bei Frauen nicht genannt werden. Bei den Männern steht die Völlerei auf Platz 2 gefolgt von Faulheit. Wie wir später sehen werden, gibt es hier einen Zusammenhang.

Hand aufs Herz, wer hat nicht schon mal zu viel gegessen? So selten sind diese Ereignisse nicht. Sie treten in unserer Wohlstandsgesellschaft regelmäßig auf und zeigen sich in der nationalen Gesundheitsstatistik. Ab einem Alter von 50 Jahren ist Übergewicht bei Männern in der BRD „normal“. Wir können auf das Modell von Busa aufsetzen und neben dem Geschlecht weitere erklärende Variablen für Völlerei benennen z.B.

  1. Die angebotenen Speisen (Leib- und Magengericht, Portionsgröße, der Koch, persönliche Präferenz, Fett- und Zuckergehalt)

  2. Tage wie z.B.: Wochentag, Feiertag (z.B. 1. Weihnachtstag), Geburtstag, Namenstag,

  3. Orte wie z.B.: Weihnachtsmarkt, Kirmes, Schnellimbiss/Restaurant, Urlaub

  4. Soziale Umgebungen wie z.B. Kegelrunde, Skatabend, Weinrunde

Man wird dann relativ schnell Häufungspunkte ausmachen können, und eventuell gegensteuern

  • Manche Gerichte – Junk Food, Süßigkeiten – ziehen relativ häufig die Völlerei nach sich. Wie ein Junkie erliegen wir ohne Gegenwehr der Verlockung, wenn wir sie nur sehen oder riechen (craving). Parallelen zur Sucht liegen auf der Hand. Die uns treibenden Assoziationsmuster los zu werden ist ein langwieriger Prozess, an denen viele Scheitern.

  • An den kritischen Tagen kann man sich etwas anderes vornehmen.

  • Die Imbissbude, die Fastfoodkette oder den Weihnachtsmarkt & die Kirmes meiden.

  • Vielfach hilft auch der Qualitätsaspekt: Sind die Objekte der Begierde eher einem Gourmet oder einem Gourmand zuzuordnen? Es gibt in der BRD bei weitem nicht so viele Gourmet-Tempel wie Übergewichtige.

  • Bei der Sozialumgebung wird es brenzelig: Versucht man hier mit Maß zu essen, setzt man sich der sozialen Kritik aus und wird als „soz. Fremdkörper/Ruhestörer“ im Umfeld der Maßlosigkeit wahrgenommen. Hier hilft entweder „standing“ oder meiden der sozialen Umgebung.

Nach dem Duden verstehen wir unter Völlerei ein üppiges und unmäßiges Essen und Trinken im Extrem „eine maßlose Völlerei“. Der Wortstamm – voll – deutet auf eine gefüllten Zustand des Magens hin.

Aber was genau bedeutet hier maßlos? Das ist auch schon eine Kernfrage, denn wir haben tatsächlich das Maß bei der konkreten Ausübung der Völlerei verloren oder wollen es nicht anwenden. Eine erste Konsequenz wäre deshalb, sich des Maß bewusst zu werden und es anzuwenden. In der Praxis werden die meisten diese Maßlosigkeit nach außen anders darstellen: „Ich esse nach Gefühl“, „Ich weiß was für mich gut is(s)t“, „Wer sich selbst nicht‘s gönnt ist auch ein Biest“. Sie immunisieren sich damit gegen eine objektive Betrachtung (Hochmut) und verbitten sich z.B. mit „Ratschläge sind auch Schläge“ weitere Hinweise. Im Gegenzug wird den Maß-Nutzern häufig „Selbstoptimierung“ und Narzissmus unterstellt. Bei der Energieaufnahme Strom sind wir hier schon weiter. Die Bundesnetzagentur fördert den Einbau von „smart-meter“ und intelligenten Messsystemen um unserem maßlosen Stromverbrauch auf die Spur zu kommen. Ebenso wissen wir – bis auf Ewiggestrige – das auch die maßlose Nutzung fossiler Energien (CO2) uns den Garaus machen kann. Niemand käme auf die Idee, diese Energiefragen dem subjektiven Gefühl zu überlassen.

Das Maß ist immer der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung.

Unseren Lebensmittel inklusive Getränke können wir verschiedene Maßzahlen zuordnen

  • Kardinal skalierte Attribute wie Energie, Fette, Kohlenhydrate, Eiweiß, Ballaststoffe, Wassergehalt um nur die Makronährstoffe zu nennen.

  • Ordinal skalierte Attribute wie z.B. nutriScore

Diese Maßzahlen unterliegen natürlichen Schwankungen, da die Lebensmittel, die wir konkret verzehren, mit einem Mittelwert geschätzt werden. Weizen ist eben nicht gleich Weizen, und die Produzenten und Verarbeiter kennen einige Unterschiede genau, da sie sich im Preis für die Ware niederschlagen. Eine weitere Unsicherheit geht von uns selber aus, sofern wir die netto verfügbare Energie – und das ist die physiologisch relevante – berechnen wollen. Wir wissen alle, dass ein gestörte Verdauung, die Ausbeute verringert. Weiterhin wird in diesem Zusammenhang die individuelle Mikrobenzusammensetzung im Darm – auf die wir angewiesen sind – diskutiert. Aber im Mittel können wir den Energiezahlen gemessen in kCal oder kJ verdauliche Energie vertrauen.

Der Energiegehalt stellt ein Aggregat von Energiegehalt =f(Fette, Kohlenhydrate, Eiweiß) dar und ist bestens als Maß für die Völlerei geeignet. Wer sich den Bauch mit Salat oder Ballaststoffen wie Kleie voll schlägt, wird nicht oder nur kurzfristig unter den Symptomen der Völlerei leiden. Dazu zählt unter anderem die Trägheit und Faulheit.

Wenn wir unseren Nahrungsmittel nun das Energiemaß zuordnen, brauchen wir noch ein weiteres Maß um die Unmäßigkeit zu attestieren. Das ist üblicherweise der Energiebedarf in Energieeinheiten/Zeiteinheit. Damit wird nun die Zeit wesentlich für die Einstufung „Völlerei“. Die aufgenommen Energie pro Zeiteinheit steht in einem überschüssigen Verhältnis zum Bedarf/Zeiteinheit. Dies ist eigentlich bei jeder Nahrungsaufnahme so gegeben d.h. während des Essens und Trinkens übersteigt die Energiezufuhr/Zeiteinheit den Energiebedarf/Zeiteinheit. Wenn das regelmäßig anders wäre, würden wir verhungern. Wie kommen wir nun zu einem tauglichen Modell?

Die Zeit verstreicht für uns in Perioden (Tag, Nacht, Wochentag, Jahr) in denen sich Stoffwechselvorgänge wiederholen. Physiologisch begründet hat sich hier die Tagesbetrachtung durchgesetzt und wir können den Energiebedarf/Tag mit Handy-Apps oder www-services jederzeit und an jedem Ort bestimmen.

Der Tagesenergiebedarf gliedert sich grob in

  • Grundumsatz (Wärme, isometrische Arbeit, geschlechtsspezifisch)

  • Wachstumsumsatz (Aufbau von Organen, Muskel und Skelett)

  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Wiederaufbau nach Verlust (Haare, Fingernägel, Haut)

  • Leistungsumsatz

Wichtig ist hier die Feststellung,

  • dass es viele Apps/Services gibt, die dies abschätzen können

  • das Wachstum auch negativ sein kann, wie den bei Älteren häufig zu beobachteten Muskelschwund

  • dass es nach diesem Modell keinen Bedarf für Speckbildung gibt

  • dass damit die Wahl der Lebensmittel nicht vollständig determiniert ist und es noch genügend Spielraum/Freiheitsgrade für uns Konsumenten gibt z.B. für ökologische Aspekte, religiöse Aspekte, Vegan, persönliche Vorlieben, etc.

  • dass wir den Leistungsumsatz durch Sport deutlich erhöhen können. Kurzfristig durch die verbrauchte Energie während der Aktivität, langfristig durch einen höheren Muskelanteil am Gesamtgewicht.

Wenn wir einen Adulten nicht schwangeren/stillenden homo sapiens aus der BRD betrachten, dann bleibt in der Regel nur noch Grund- und Leistungsumsatz übrig.

Wenn wir den Energiebedarf im Mittel mit unserer Energieaufnahme treffen, dann leben wir maßvoll und im Gleichgewicht.

Dem altersbedingten Muskelschwund mit der Plautze trotzen. Normal, vorbildlich, gesund, nachhaltig?

Ein wesentliches und leicht nachvollziehbares Maß für das Gleichgewicht ist die Körperwaage. Auch hier gibt es eine natürliche Variation im Zeitablauf (Stuhlgang, Tageszeit, Wasserverlust, etc.) die wie der „Fog of War“ die Erkenntnis behindert, aber im Mittel sollte nach dem Bedarfsmodell das Gewicht konstant bleiben. Neben der Waage können wir das Gewicht auch indirekt mit unserer eigenen Kraft messen. Wenn wir diese als konstant annehmen, fallen uns Turnübungen wie Hocke, Klappmesser, Klimmzug oder Liegestütz nach der Zunahme schwerer. Probier‘s aus, und Du wirst auch kleine Unterschiede fühlen.

Wenn wir den Tagesbedarf geklärt haben, müssen wir diesen auf die Mahlzeiten – häufig 3 Mahlzeiten/Tag – herunter brechen und können diese dem Bedarf gegenüberstellen. Das ist in der nachfolgenden Grafik exemplarisch dargestellt.

Beim Nachtisch verlieren wir das Maß

Das Mittagessen fängt hier um 12:00 an und ist um 12:15 beendet. Wir nehmen die Energie in diskreten Einheiten – Happen und Schlücken – auf was zu dem stufigen Verlauf des Energiegraphen führt. Bei der Vorspeise – Salat/Suppe – haben wir es mit kleinen Energiehappen die auch viel Zeit benötigen zu tun. Beim Hauptgang zieht dann die Frequenz und Energiedichte an: es wird still am Tisch, ein „Rausch“ liegt in der Luft, das Gehirn wird spätestens jetzt ausgeschaltet, die Wahrnehmung der weiteren Umgebung verblasst. Das ganze eskaliert zum Schluss mit kleinen und energiereichen Einheiten des Nachtischs. Bei Feierlichkeiten müssen jetzt die Gäste wieder aus „Isolation“ und „Koma“ heraus geholt werden, sofern noch weiter gefeiert werden soll.

Jeder Nutztiermäster dürfte diese Zusammenhänge kennen und für den Masterfolg bei der rationierten Mast nutzen. Der homo sapiens kann sich häufig auch nicht davon frei machen und „frisst“ ohne Maß weiter bis der Teller leer bzw. die zugewiesen Portion im Magen gelandet ist.

Wie kann man sich hier wehren?

  • Zunächst sind hier die Portionsgrößen – Super Size Me – zu überdenken. Wenn schon Junk-Food, muss es dann die große Pizza sein?

  • Dann sollte auch die Zusammensetzung diskutiert werden. Muss es NutriScore E sein?

  • Das einfachste ist, Veranstaltungen mit diesen physiologischen Konstruktionsprinzipien, fern zu bleiben. Schwieriger wird es schon, daran mit Maß teilzunehmen. Man wird es z.B. auf einem Kreuzfahrtschiff schwer haben die Diät zu halten, wenn man mal von starkem Wellengang und damit verbundene Übelkeit absieht.

  • Der erfahrene Nutztiermäster empfiehlt, gerade die ersten Happen mit viel Ballaststoffen zu versehen.

  • Gibt Deinem Magen Zeit für die Aussendung des Sättigungssignal. Unterbreche die Speise, bewege Dich (Zappelphilip) und suche das Gespräch (Mit vollem Mund spricht man nicht). Man sieht schon, dass wir ein bisschen in eine Richtung, die Völlerei begünstigt, erzogen werden.

  • Den Nachtisch kann man auch sehr schön mit Früchten gestalten. Es müssen eben nicht immer Kaloriebomben wie Mousse au Chocolat, Zabaione, Eis, Pudding oder sonstige hoch verarbeitete und konzentrierte Lebensmittel sein, die den Schlusspunkt setzen.

Was macht nun das ganze Mahl zur Völlerei?

Offensichtlich sind es die letzten Happen/Schlücke/Einheiten, bei denen wir das Maß verlieren. In unserem Kulturkreis ist das üblicherweise der Nachtisch, liebe Naschkatzen.

Beispiel: 1 Duplo/60sec = 420 kJ/60sec = 7 kW =7000 W

Auf der anderen Seite sieht man, dass die gleiche Mahlzeit bei mäßigem Sport (verstärkte Atmung) noch nicht einmal den Energiebedarf deckt, also keinesfalls maßlos ist.

Man kann damit festhalten, dass erst die Faulheit das dargestellte Essen zur Völlerei macht.

30 Minuten Lauf mit 5er pace reichen hier schon aus (vgl. Grafik) um den aufgenommenen Energieüberschuss zu verbrennen. Das geschieht Mittels Atmung. Je stärker diese ausfällt, umso höher der Energieverlust. Die verbrannten Kalorien werden über das CO2 der Atemluft ausgeschieden. Je mehr wir atmen, desto weniger bleibt uns auf den Rippen hängen. Also ruhig mal intensiv mit einer Atmung – die das Sprechen nicht mehr erlaubt – trainieren um die 7000W des Duplo-Konsums loszuwerden. Wenn man hingegen auch beim Sport die tiefe Atmung scheut, ja dann muss man sich eben mehr Zeit für die Neutralisierung der 7000 W nehmen oder, falls dafür die Motivation (Faulheit) auch nicht reicht, lässt man es zweckmäßigerweise einfach sein, das Duplo.

Ganz anders sieht es bei Ausdauerbelastungen aus. Wenn man eine Radetappe von 200 km zu bewältigen hat, darf und sollte man am Abend zuvor reichlich leicht verdauliche Energie zu sich nehmen. Anders sind Mehrtagesradrennen wie die Tour de France nicht zu schaffen. Aber in dieser Situation sind bekanntlich die wenigsten von uns. Bei einem vorwiegend sitzend verbrachten Arbeitstag dürfe das üppige Abendmahl i.d.R auf den Rippen hängen bleiben. Im Beispiel sind es 103 kCal was ungefähr einer Zunahme von 14,8 Fett entspricht. Diese geringe Veränderung kann man auf der Körperwaage kaum messen, weil sie im statistischen Rauschen anderer Gewichtseinflüsse wie Wassergehalt, Stuhlgang etc. untergeht. Wenn man jedoch jede Woche im Schnitt einen solchen Überschuss erzeugt, hat man nach 20 Jahren ca. 15 kg auf den Rippen, nach 30 Jahren bereits 23kg, etc. Man kann dieses „Breitenwachstum“ nicht ohne wesentliche Komplikationen bis zum Lebensende durch exerzieren oder das Lebensende erreicht einen zeitiger als gewünscht. Haben sich bereits 20kg und mehr angesammelt, so können diese – neben chirurgischen Eingriffen – nur über die Lunge (Fett→Co2) ausgeschieden werden. Es dürfte klar sein, das dies ein längerer Prozess wird.

Sind wir nach der Völlerei glücklich?

Bei den US-Amerikaner hat das Glück mit „Pursuit-Happiness“ Verfassungsrang. Wir erreichen dieses Ziel aber nicht mit Völlerei. Im Gegenteil, wir sind nach einem üppigen Mal eher träge/faul/gelangweilt und fallen in ein Insulin/Cholesterin Koma. Viele nutzen dies für eine Mittagspause.

  • Warum versagt der Verstand bei den letzten Happen?
  • Warum tappen wir immer wieder in die selbe Falle?
  • Nehmen wir uns es bewusst – z.B. 1. Weihnachtsfeiertag – vor?

Bei den letzten Happen eines üppigen Mahls befinden wir uns in einem Rauschzustand bei dem der Verstand weitgehend abgeschaltet ist. Wir Läufer kennen so etwas ähnliches beim Wettkampf. Hier gilt es Disziplin zu wahren, und sich weder von den Top-Läufern beim Start mitziehen zu lassen noch gegen Ende der Strecke in das Tal der Tränen einzubrechen. Wir meistern dies mit einem Blick auf unsere Maße: Liegen Pace, Puls und Schrittfrequenz in einem vernünftigen Korridor? Beim Essen sind wir derzeit noch auf Abschätzungen/Erfahrungswerte angewiesen. Wenn wir langfristig im Gleichgewicht leben, dann haben wir wohl eine geeignete Abschätzung gefunden. Falls nicht, gilt es zeitig die Bremse zu ziehen, ungefähr bei der Mitte der Mahlzeit sollte man mal subsumieren, was schon zusammengekommen ist und gegebenenfalls den Konsum drosseln.

Der Nobelpreisträger und Psychologe Daniel Kahneman weist auf den Unterschied zwischen Glück – happiness – und Zufriedenheit – satisfaction – hin.

They actually want to maximize their satisfaction with themselves and with their lives. And that leads in completely different directions than the maximization of happiness.“

Glück ist immer etwas, was im Augenblick einer Person passiert. Zufriedenheit ist hingegen der Blick zurück auf das erlebte und ergibt sich häufig als Differenzmaß zur sozial Umgebung. Die Lebensverhältnisse der Menschheit der letzten Tausend Jahre, die damals noch für ein Gefühl für komperative Zufriedenheit gesorgt haben, würden wir heute als sozial bedürftig klassifizieren und die Betroffenen mit Transfereinkommen ausstatten (soziale Teilhabe). Zufriedenheit entsteht stets aus dem Vergleich. Das Vergleichsobjekt suchen wir uns selbst, womit wir bei Neid und Missgunst – eine weitere Totsünde – angekommen sind. Eine Sparkassenwerbung aus vergangenen Jahren hat dies mit „Mein Haus, Meine Frau, Mein Auto“ auf den Punkt gebracht.

Wenn wir beim Essen über die „Stränge schlagen“, dann ist dies eher dem Sterben nach Zufriedenheit geschuldet. Das streben nach Zufriedenheit ist uns immanent, aber muss denn das Essen so häufig dafür herhalten?

Glück kann man nicht essen. Auch hier könnten wir ein Häufigkeitsmodell – wie für die Völlerei – für das Glück konstruieren. Einige Literaturstellen nennen hier den „Flow“ als zuverlässige Glücksquelle. Wir Läufer kennen diesen Zustand, wenn wir mit dem Laufen verschmelzen und subjektiv das Gefühl haben, eine Ewigkeit – Verlust der Zeitwahrnehmung – unterwegs zu sein. Ich würde vermuten, dass die Empfindung Glück negativ korreliert ist mit dem Sättigungszustand. Im Insulin/Cholesterin Koma dürfte Glück und dessen Wahrnehmung relativ unwahrscheinlich sein. Das gleiche gilt für das Gegenteil, das Pech, und vermutlich erhält der Delinquent auch deshalb eine Henkersmahlzeit. Alles wird eben durch Sättigung gedämpft, auch wenn es den Kopf kostet.

Was kann man für die Fastenzeit empfehlen

  1. Lege Dir Maße zu, messe regelmäßig und führe ein Protokoll, am besten nicht nur für die Fastenzeit, dann bist Du nicht mehr „maßlos“. Das ist sozusagen Dein persönliches „smart-meter“ für die Energieaufnahme/abgabe.

  2. Analysiere dein Essverhalten genau – analog zum dargestellten 3 Gang Menü – und versuche die Überschreitung und deren Bestimmungsgründe herauszufinden. Es bringt nichts, die Überschreitung des Maß zu beschönigen oder zu leugnen. Im Gegenteil, sammle Daten zu den Überschreitungen und maßvollem Essen (balancierte Datenbasis) inklusive erklärende Variablen z.B. in einer Tabellenkalkulation und formuliere Modelle, die ein Blick auf die Bestimmungsgründe erlauben.

  3. Lass Dich von „pursuit of happiness“ leiten und nicht von „I can‘t get no satisfaction“.

  4. Laufe, denn mit Laufen senkst Du die Wahrscheinlichkeit für maßlose Völlerei enorm und kommst dem Glück im Flow etwas näher. Wir Läufer wissen, dass die Nahrungsaufnahme kurz vor dem Sport dem Laufen nicht zuträglich ist. Also besser vor den Mahlzeiten laufen, als regelmäßig nach den Mahlzeiten das Scheitern zu konstatieren.

  5. Trainiere einfache Turnübungen wie Hocke, Klappmesser, Klimmzug oder Liegestütz und vergewissere Dich, in welchem Verhältnis Kraft und Gewicht bei Dir stehen.

Das ist die individuelle Betrachtung, was kann man nun für das Kollektiv empfehlen?

Zunächst ist festzuhalten, das Vater Staat die Hände bei den Lastern Rauchen, Alkohol, Glücksspiel weit aufhält. Dies ist einerseits dem fiskalischen Interesse geschuldet, wird aber auch mit Lenkungswirkung der Steuer und externen Effekten der Laster begründet. Bei Lebensmitteln ist es derzeit anders: der Konsum wird mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz in der BRD befeuert. Vermutlich geht das auf vergangene Zeiten zurück – Nachkriegsjahre – in denen Lebensmittel sehr knapp waren, und der Bevölkerungsbedarf nicht ausreichend gedeckt wurde. Ein Blick in die nationale Gesundheitsstatistik zeigt, dass diese Tage längst vorbei sind und damit die Grundlage für diese Argumentation entzogen ist. Im Gegenteil, die Lebensmittelproduktion und der Lebensmittelkonsum bereiten externe Kosten, die nicht in den Marktpreisen enthalten sind. In der gesellschaftlichen Diskussion steht dabei derzeit die Produktion – Ökologie, Tierwohl, Preise, Agrarstrukturwandel – im Vordergrund. Der Konsumentenwunsch nach billiger überschüssiger Ernährung – sprich Völlerei – ist derzeit aber ein Tabu obwohl er unserem Gesundheitssystem Milliarden Kosten jährlich bereitet. Wohl gemerkt, es sind nicht einzelne Lebensmittel bzw. deren Inhaltsstoffe wie Zucker und Fett, die ein Problem darstellen. Es ist die Maßlosigkeit des Lebensmittelkonsums (Ökonomen ist dies unter der Annahme „Nichtsättigung im Konsum“ bekannt), von der die Kosten im Gesundheitssystem ausgehen. Diese Maßlosigkeit drückt sich in einem dauerhaften Energieüberschuss aus, der uns Konsumenten auf den Rippen hängen bleibt und von der die volkswirtschaftlichen Kosten bestimmt werden. Zielführend ist es deshalb, durch monetäre Honorierung oder Sanktionierung (Bonus, Pigout-Steuer, Property Rights) das Konsumentenverhalten in eine bessere Richtung zu lenken. Als Maß kann hier der BMI, der Bauchumfang etc. zur Abschätzung des Energieüberschuss dienen. Bei der Stromenergieaufnahme erleben wir derzeit ein Boom bei den „smart-meter“. Vielleicht bekommen wir in Zukunft ähnlich präzises für unseren eigenen alltäglichen Energiehaushalt.